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Arktis oder Suezkanal?

Arktis oder Suezkanal? Der nördliche Seeweg als Alternative frühestens in 20 Jahren wirtschaftlich

Ein dänisches Wissenschaftler-Team hat die Arktisroute als alternativen Seeweg für die Handelsschifffahrt von Europa nach Japan geprüft – und zugleich ein passendes Rechentool für Kostenkalkulation entwickelt. Das Ergebnis: Der Suezkanal dürfte mindestens bis 2035 die wirtschaftlich sinnvollere Wahl sein. Im Gegenteil: In Zeiten hoher Überkapazitäten in der Containerfahrt bei zugleich niedrigen Ölpreisen schicken manche Reeder ihre Schiffe nicht einmal mehr durch den frisch ausgebauten Suezkanals, sondern wählen stattdessen den Umweg um Afrika.

Die Zeiten Ferdinand Magellans und James Cooks sind lange vorbei – und dennoch erschließt sich Handelsschifffahrt bis heute neue Seerouten. So hat ein dänisches Wissenschaftler-Team der Copenhagen Business School die mögliche Nutzung des so genannten Nördlichen Seewegs durch die Arktis unter Lupe genommen. Ihre Studie Arctic Shipping: Commerical Opportunities und Challenges (publiziert im Januar 2016) vergleicht die üblichen Seewege von Europa nach Japan durch den Suezkanal bzw. von der Ostküste der USA nach Japan durch den Panamakanal mit der direkten Route durch die Arktis.

Die Vorteile scheinen auf der Hand zu liegen: 13.000 km statt 21.000 km bzw. 14.000 km statt 18.200 km. Das bedeutet weniger Treibstoffverbrauch und kürzerer Fahrtzeiten – wenn die Route eisfrei ist. Aber: Die Nordroute erfordert spezielle, gegen Eis gesicherte Schiffe, auch im Sommer. Und meist ist zusätzlich die – bezahlpflichtige – Begleitung russischer Atomeisbrecher notwendig, ein derzeit erheblicher Kostenfaktor, der die Gebühren für den Suezkanal wie ein Schnäppchen erscheinen lassen. Wirtschaftlich sinnvoll dürfte die Nordroute daher frühestens ab dem Jahr 2035 sein, so die Prognose der Wissenschaftler. Bis dahin sei das Eis in der Arktis so weit zurückgewichen, das die Abkürzung lohnt. Einen ersten Überblick über eventuelle Kostenvorteile kann man sich bereits jetzt verschaffen. Das Team hat ein entsprechendes Kalkulationstool entwickelt. Zahlreiche Parameter wie Schiffsgröße und Fahrstrecke, aber auch Ölpreis und Eisausdehnung fließen die Berechnung ein.

Allerdings: Auch Ägypten rüstet seine wichtigste Wasserstraße auf. Erst im Sommer vergangenen Jahres wurde der Suezkanal auf 72 km auf zwei „Spuren“ erweitert. Mittelfristig soll die parallele Durchfahrt von vier Frachtern möglich sein. Und: Bei vielen Reedern steht derzeit nicht die schnellste Strecke im Fokus, sondern die preisgünstigste. Aufgrund hoher Kanalgebühren, niedriger Ölpreise und vorhandener Überkapazitäten – die Schiffe sollen lieber länger unterwegs sein, als beschäftigungslos auf Reede liegen – bedeutet dies die Umschiffung des Horns von Afrika – noch einmal 6.500 km Fahrtstrecke mehr als durch den Suezkanal.