Je größer, desto günstiger?

September 24, 2018

Die weltweit bedeutendsten Reedereien überbieten sich gegenseitig bei der Größe ihrer Containerschiffe, um die Transportkosten effizienter zu gestalten.

Zu Beginn der Dekade setzten Containerschiffe mit einer Kapazität von 18.000 TEU den Maßstab für die maximale Größe der Meeresgiganten – aktuell ordern mehrere Reedereien deutlich imposantere Exemplare: Das aktuelle Rekord-Containerschiff aus See besitzt Stellplätze für knapp 21.500 TEU und Frachter mit noch höherer Tragkraft befinden sich bereits im Bau.

Welche Motive treiben das Wachstum voran? Prestigeprojekte oder ökonomische Kalkulationen?

Die aktuell größten Containerschiffe auf See

  • Zu den weltweit größten Containerschiffen zählt die G-Klasse bzw. der 21.000-TEU-Typ der chinesischen Orient Overseas Container Line (OOCL). Die OOCL Hong Kong, die ihre Jungfernfahrt im Juni 2017 absolvierte, besitzt beeindruckende Dimensionen: auf 398,87m Länge und 58,8 m Breite befinden sich Stellplätze für 21.413 TEU plus Anschlüsse für Integral-Kühlcontainer. Insgesamt 6 Vertreter der G-Klasse sind 2017 und 2018 in Betrieb gegangen und repräsentieren aktuell die weltweit größten Containerschiffe. Überboten werden sie voraussichtlich von den geplanten 22.000-TEU-Frachtern der französischen Reederei CMA CGM, die Ende 2019 in Fahrt kommen sollen. Dass die Navigation eines derartigen Riesen nicht immer eine leichte Aufgabe ist, bewies die Jungfernfahrt der OOCL Japan im Oktober 2017, bei der das Schiff die Fahrspur verlor und im Suezkanal auf Grund lief.
  • 400m Länge und 59m Breite – diese Ausmaße erreichen auch die neuesten Schiffe des 20.600-TEU-Typs der französischen Reederei CMA CGM. Die Frachter bieten neben Raum für 20.776 Standardcontainern noch 1600 Anschlüsse für Kühlcontainer. Drei Schwesterschiffe sind geplant – die „Antoine de Saint-Exupery“ und die „Jean Mermoz“ wurden bereits im ersten Halbjahr 2018 abgeliefert. Beide Schiffe legten schon im Hamburger Hafen an und stellten dort einen Größenrekord auf.
  • Maersk setzt mit den Containerschiffen der Triple-E-Klasse nicht nur auf Größe, sondern auch auf Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit. Die Frachter, die Platz für 20.586 TEU bieten, werden von Propellern mit überdurchschnittlich großem Durchmesser angetrieben, die sich langsam drehen, sodass sie auf ein wirtschaftliches Fahren bei mäßigem Tempo ausgerichtet sind. Gegenüber ihrer Maximalgeschwindigkeit von 25 Knoten sparen die Schiffe bei 17,5 Knoten etwa 50 Prozent des Treibstoffes ein. Darüber hinaus besitzen sie ein System für Abgasnutzung, in dem die Abgase der Hauptmotoren eine Dampfturbine antreiben. Die gewonnene elektrische Energie speist ein Generator zurück ins Antriebssystem ein.
  • Die größten bislang in China gebauten Containerriesen sind die Schiffe der 20.000-TEU-Klasse der COSCO Shipping Corporation. Bislang sind 9 Schiffe in Fahrt – ihre Kapazität beträgt zwischen 19.273 und 21.200 TEU. Zusätzlich erhielten die Frachter ein Zertifikat als „Cyber-enabled ship“ (CES). Es zeichnet Systeme aus, die in der Regel die Crew steuert, die aber durch IT-Weiterentwicklungen zukünftig vollständig autonom oder durch Fernsteuerung funktionieren.

Mehr Ladung, weniger Sprit

Bei den Containerschiffen der Superlative geht es nicht um Rekorde und Prestige – die gesteigerte Effizienz ist die Messlatte der Meeresgiganten. Dabei können die äußeren Dimensionen eines Containerschiffs nicht ins Unermessliche wachsen: Sie werden in der Regel durch die Größe „Suezmax“ limitiert; die die maximalen Abmessungen zur Passage des Suezkanals angibt. Die Maße liegen bei einer Breite von 77 Metern und einem Tiefgang von 20 Metern, wobei bei Containerschiffen die zweite Größe der begrenzende Faktor ist, denn der zulässige Tiefgang reduziert sich bei über 50 Meter breiten Schiffen stufenweise bis auf 12,2 Meter für ein Schiff mit maximal möglicher Breite.

Obgleich die aktuellen Schiffe sich bereits nahe den Suezmax-Dimensionen bewegen, zieht laut einer Studie des Qualitätssicherungs-Unternehmens DNV GL jede Vergrößerung der aktuellen Containerschiffe eine Senkung der Transportkosten nach sich:

  • Beispiel 1: Bei einer Ausdehnung der aktuellen Schiffsmaße auf 24 Containerreihen in der Breite, steigt zwar die Kapazität um 1000 TEU pro Schiff, die Treibstoffkosten pro Container bleiben jedoch unverändert. Vergrößert man zusätzlich den Tiefgang von 16 auf 17 Meter, wächst die Tragfähigkeit des Schiffs um 10 Prozent, was die Treibstoff-Effizienz insbesondere bei schwereren Gütern erhöht.
  • Beispiel 2: Eine Ausdehnung eines Containerschiffes auf 26 Containerreihen in der Länge böte Platz für 23.300 TEU und würde die Treibstoffkosten pro Container um etwa 4,5 Prozent reduzieren.
  • Beispiel 3: Schließlich ermöglichten Schiffe mit 25 Containerreihen in der Breite und 26 Reihen in der Länge eine zukünftige Kapazität von 26.300 TEU und eine weitere Ersparnis von 3,5 Prozent der Treibstoffkosten pro Containereinheit. Frachter dieser Ausmaße könnten derzeit den Suezkanal nicht passieren.

Vorteile und Risiken des Schiffswachstums

Die finanziellen Vorteile größerer Schiffe liegen auf der Hand: Kalkuliert man die reduzierten Treibstoffkosten auf eine Schiffsladung hoch, wird klar, dass Reedereien hier ein immenses Einsparpotenzial sehen. Vorausgesetzt, dass sich die Kosten eines Containertransports von Hong Kong nach Rotterdam auf etwa 600€ pro Container belaufen (Stand: März 2018), könnten sich diese in Beispiel 2 um 27€ und in Beispiel 3 um 48€ reduzieren. Auf eine vollständige Ladung bezogen, ergäbe dies bis zu 1,26 Millionen Euro. In einer Branche, die durch schwankende Preise und kleine Margen geprägt ist, bietet dieser Faktor einen großen Anreiz.

Die Häfen wachsen mit

Einer Herausforderung bedeuten Containerschiffe der extra großen Klassen aktuell für die europäischen Häfen. Viele limitieren den Tiefgang der einlaufenden Schiffe auf etwa 16 Meter und die Länge auf maximal 400 Meter. Experten glauben zwar, dass auch das Anlegen von Schiffen bis zu 430 Meter Länge möglich ist, wenn diese mit speziellen Manövrierhilfen ausgestattet wären, doch nicht nur das Anlegen, sondern vor allem das Be- und Entladen der Schiffe braucht die passende Technik.

Im Zuge des Booms der Megafrachter hat der Hamburger Hafen in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt 5 Containerbrücken in Betrieb genommen, die speziell auf über-20.000-TEU-Schiffe ausgelegt sind. Sie besitzen eine Hubhöhe von 51,5 Metern und eine Auslegerlänge von 74 Metern. Mit ihrer Hilfe lassen sich Containerschiffe mit einer Breite von 24 Containerreihen löschen und beladen, wobei bis zu 9 übereinanderstehende Container auf Deck bedient werden können.

Schließlich bleibt der Suezkanal als „Flaschenhals“, der die Abmessungen aller Containerschiffe im Verkehr zwischen Asien und Europa beschränkt. Da sich die letzte Erweiterung der Wasserstraße, in die Ägypten rund 7 Milliarden Euro investierte,  für den Staat kaum auszahlte, bleibt zu bezweifeln, dass auf dieser Route in naher Zukunft Mega-Containerschiffe jenseits von 23.000 TEU verkehren können.

Kommentare

Rainer Schott
20. Dezember 2018 um 07:08 Uhr

Kein Kommentar, aber eine Frage: worin genau ist die derzeitige maximale Länge von 400 Metern Länge begründet?

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