Shanghais Robo-Hafen

Oktober 19, 2018

Seit 2014 investierte der Hafen Shanghai Milliarden in die Umrüstung auf autonome Technik. Das erste „unbemannte“ Terminal nahm im vergangenen Jahr den Betrieb auf.

Er gilt aktuell als größter Hafen der Welt und als wichtigster Transportknotenpunkt Asiens – jährlich wechseln im Hafen von Shanghai 40,23 Millionen TEU vom Land aufs Schiff und umgekehrt.  An insgesamt 10 unterschiedlichen Terminals werden hier Containerschiffe beladen und gelöscht. Einen der bedeutendsten Teile des Hafen-Komplexes bildet der Tiefwasserwasserhafen Yangshan, der sich südlich der Stadt in der Hangzhou-Bucht befindet. Nach dreijähriger Umbauphase eröffneten die Hafenbetreiber hier im Dezember 2017 das weltweit erste vollautomatisierte Terminal, das sieben Liegeplätze auf dem gut 2 Kilometer langen Kai bietet.

Der weltweit erste unbemannte Containerhafen?

Auch wenn die Schlagzeilen es suggerieren – gänzlich unbemannt ist die Anlage nicht: Immerhin 9 Personen arbeiten in einem zentralen Kontrollraum und überwachen kontinuierlich die Ladeprozesse. An anderer Stelle ersetzen Maschinen konsequent menschliche Augen und Hände: Anstelle der früher nötigen 60 Arbeiter bewegen sich nun mehr als 130 führerlose Fahrzeuge über die Kais, um die Container von den Kranbrücken zum Lagerplatz zu transportieren. Das Aufstapeln vor Ort übernehmen dann ebenfalls Roboter. Ganz neu ist die Technik nicht. Bereits vor einigen Jahren rüstete der Hafen Rotterdam auf automatische Ladefahrzeuge um, die zwischen Schiff und Depot pendeln. Die Automatisierung folgt dem allgemeinen Trend: Indem menschliche Arbeitskraft eine immer geringere Rolle beim Containerumschlag einnimmt, sollen Kosten reduziert und die Effizienz gesteigert werden. Nachteile einer Vollautomatisierung des Ladevorgangs sind die geringere Flexibilität und die höheren Investitionskosten.

Künstliche Intelligenz ersetzt menschliche Sinne

Weil Schiffe am Hafen sich mit Wellengang und Wind auf und ab bewegen, blieb die Koordination zwischen Schiff und Landkran bislang eine menschliche Domäne. Immerhin bedarf es Präzision, den Kran punktgenau über dem Container abzusenken, diesen kontrolliert anzuheben und zum Ufer zu bewegen. Mithilfe neuster Technologie ist es im Yangshan Tiefwasserhafen gelungen, auch dieses hochbezahlte menschliche Arbeitsfeld von Maschinen ausführen zu lassen. Insgesamt 70 Prozent sparen die Hafen-Betreiber auf diese Weise an den Lohnkosten ein.

Unbemannte Fahrzeuge und autonome Kräne können dank Laser-Scan- und Positionierungs-Verfahren selbst in absoluter Dunkelheit operieren, sodass ein Containerumschlag rund um die Uhr möglich wird. Dabei koordiniert die KI die Operationen des Landkrans, indem sie alle vier Ecken eines Containers erkennt. Infolgedessen kann der autonome Kran die Box präzise greifen und anschließend auf ein autonomes Hafenfahrzeug laden.

Wettbewerbsfähigkeit im Fokus

Shanghai forcierte die Automatisierung des Umschlagprozesses, um im Vergleich zu seinen Konkurrenten auf lange Sicht Vorteile zu bieten. Sowohl der chinesische Hafen Qingdao als auch Hongkong, das südkoreanische Busan und Kaohsiung in Taiwan schicken sich an, in den Wettbewerb um die Reedereien einzusteigen. Umgerechnet 1,31 Milliarden Euro investierte die Shanghai International Port Group (SIPG) deshalb in das autonome Terminal des Tiefwasserhafens Yangshan. Angestrebtes Ziel des Projektes ist, das Umschlagsvolumen um jährlich 6,3 Millionen TEU zu steigern und den Preis für die umgeschlagene Tonne Ladung senken zu können.

Reedereien und Häfen im Preiskampf


Die SIPG verhandelt jährlich neu mit den großen Reedereien um die Gebühr pro abgefertigter Tonne. Obwohl insgesamt 200 Schiffslinien den Hafen anfahren, schlagen vor allem Großreedereien wie Maersk, CMA und MSC ihre Fracht in Shanghai um. Denen müsse man einen guten Preis bieten, erklärt Ding Songbing, stellvertretender Leiter der Strategieabteilung der SIPG. Verpflichten sich die Reeder, mehr Ware umzuschlagen als im Vorjahr, erhalten sie einen Rabatt. Gleichzeitig muss der Hafen als börsennotiertes Unternehmen für seine Anteilseigner Gewinne erwirtschaften.

Die Reedereien wiederum gerieten ihrerseits in den vergangenen Jahren finanziell verstärkt unter Druck, weil neue Vorschriften zu Emissionsschutzgebieten (Emission Control Areas) die Umrüstung der Flotte auf schwefelarme Schiffskraftstoffe erforderten. „Das treibt auch hier die Preise“, stellt Hafen-Manager Songbing klar.

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