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Werden Containerschiffe immer größer?

Die Ever Ace: Mit 399,9 Metern Länge ist sie eines der weltweit größten Containerschiffe

Bigger is better – nach dieser Devise dreht sich die Welt der Containerschiffe: Vor 25 Jahren markierte noch die S-Klasse von Maersk mit 6600 Containern (TEU) das Maximum an Ladekapazität. Heute transportier der Mega-Carrier Ever Alot mit 24.004 TEU spielend das Dreifache und mehr. Wie lange kann sich diese Entwicklung überhaupt noch fortsetzen und was sind die Konsequenzen für Weltwirtschaft und Klima?

Große Containerschiffe: Meilensteine der Entwicklung

Die Idee, Waren in genormten Containern vom LKW aufs Schiff zu verladen, kam in den 1950er Jahren dem Speditionsunternehmer Malcom McLean. Er konstruierte auch das erste Schiff: den umgebauten T2-Tanker Ideal X, der maximal 58 Container von New Jersey nach Texas beförderte. Seit diesen Tagen ist die Kapazität von Containerschiffen um mehr als den Faktor 400 gestiegen:

  • 1964: Mit der Kooringa wurde in Australien das erste Schiff gebaut, dass allein für den Transport von ISO-Containern geplant wurde. Es konnte 276 TEU verschiffen.
  • Späte 1990er: Die S-Klasse von Maersk-Sealand erreicht 6600 TEU Kapazität. Die Schiffe haben dabei eine Länge von 347 Metern, eine Breite von 42,8 Metern und einen Tiefgang von 14,6 Metern.
  • 2006: Die Emma Maersk und ihre 7 Schwesterschiffe (E-Klasse) markieren mit 14.000 TEU das neue Maximum. Ihre Maße: 397 m Länge, 56 m Breite, 15,5 m Tiefgang.
  • 2013: Maersk Mc-Kinney Møller steigert die Kapazität in der Triple E-Klasse auf ca. 18.000 TEU (Länge = 400 Meter, Breite =59 Meter, Tiefgang=14,5 Meter)
  • 2015: Die MSC Oscar (Olympic Klasse mit 6 Schiffen) erreicht 19.224 TEU (Länge = 395,4 Meter, Breite = 59 Meter, Tiefgang = 16 Meter)
  • 2017: Die Reederei OOCL Hong Kong knackt mit ihrer G-Klasse mit 6 Schiffen die 20.000 TEU-Marke. Sie transportieren 21.413 TEU auf 399,9 Meter Länge, 58,8 Meter Breite und 16 Meter Tiefgang.
  • 2022: Aktueller Spitzenreiter mit 24.004 TEU die Ever Alot der taiwanischen Reederei Evergreen Marine. Ihre Daten: 399,9 Meter lang, 61,5 Meter breit und maximal 17 Meter Tiefgang.

Das größte Containerschiff der Welt: Die Ever Alot

Die größten Containerschiffe weltweit gehören aktuell zur Evergreen A-Klasse. Insgesamt 14 Schiffe lässt die taiwanische Reederei bauen. Die ersten sechs entstanden in der südkoreanischen Werft Samsung Heavy Industries; alle folgenden Schiffe werden in chinesischen Werften gebaut. Aus juristischen Gründen ist das derzeit größte Schiff, die Ever Alot, unter der Flagge Panamas auf See unterwegs.

Containerschiffe im Mega-Format – gibt es technische Grenzen?

Potenziell gibt es technische Hindernisse in puncto Stabilität, Stahlkonstruktion und Antriebsmotoren, wenn Schiffe immer größer werden. Fachleute sind sich allerdings einig darüber, dass die begrenzenden Faktoren aktuell eher in der wirtschaftlichen Auslastung liegen.

Technisch herausfordernd dagegen ist jetzt schon die Ladungssicherung auf den Riesenschiffen. Das Problem: Je breiter ein Schiff ist, desto stabiler liegt es im Wasser. Bei Sturm und hohen Wellen neigen sich die Mega-Carrier tief ins Wasser, um sich dann ruckartig wieder aufzurichten. Bei diesen Bewegungen lasten stärkere Kräfte auf der Ladung als auf kleineren Schiffen – die Gefahr besteht, dass Laschsysteme versagen und Container über Bord gehen. Zudem ist das Internationale Regelwerk zur Ladungssicherung mit seinen Formeln auf Schiffe ausgelegt, die maximal 300 Meter lang sind. Hier fordern Experten ein Update für einen besseren Schutz gegen Ladungsverlust.

Wirtschaftliche Limits: Ab wann rechnen sich die Riesen-Schiffe nicht mehr?

Je größer, desto wirtschaftlicher – so argumentieren viele Reedereien. Maersk wählte etwa das Kürzel seiner Triple-E-Klasse für die Eigenschaften „economy of scale, energy efficiency and environmentally improved“. Tatsächlich sind Riesencontainerschiffe darauf ausgelegt, treibstoffsparend bei niedrigen Geschwindigkeiten zu fahren, z.B. 22 Knoten bei der Ever Alot. Hinzu kommt: Fixkosten wie das Personal oder die Durchfahrtsgebühren durch Kanäle können bei größeren Schiffen auf mehr Ware umgelegt werden. Allerdings steigen auch die Hafenkosten ab einer gewissen Schiffsgröße überproportional an. Laut einer Studie der OECD fallen die Ersparnisse durch Größenwachstum niedriger aus als von den Reedereien geplant. Ein Grund: Durch den Bau zahlreicher Mega-Carrier entstehen Überkapazitäten. Infolgedessen fahren die Schiffe nicht mehr voll ausgelastet und können nicht die maximalen Einsparnisse erzielen.

Für den wirtschaftlichen Betrieb von großen Containerschiffen braucht es Häfen mit geeigneten Terminals

Geografische Limits: Wo können die Containergiganten überhaupt fahren?

Auf offener See stoßen die ULCS (Ultra Large Container Ships) mit ihren Dimensionen kaum auf Hindernisse. Allerdings sieht das in Kanälen und Wasserstraßen anders aus. Hier galten und gelten die folgenden Beschränkungen:

  • Panamax: Dieses Attribut bezeichnet Containerschiffe, die vor der Panamakanal-Erweiterung im Jahre 2016 die Schleusen des Kanals gerade noch passieren konnten. Sie sind maximal 294 Meter lang, 32 Meter breit und haben einen Tiefgang von 12 Metern. Über der Schleusenschwelle hatte ein Panamax-Schiff beim Passieren 60cm Wasser unter dem Kiel. Zwischen Schleusenwand und Schiffswand bestand ebenfalls nur ein Abstand von 60 cm.
  • New Panamax: Die neuen Schleusen des Panamakanals erlauben nun Schiffen die Durchfahrt, die 366 Meter lang sowie 49 Meter breit sind und 15,2 Meter Tiefgang haben.
  • Suezmax: Der Suezkanal erlaubt Schiffen die Durchfahrt, wenn sie maximal 68 Meter hoch und 77,49 Meter breit sind, wobei sie höchstens 20,1 Meter Tiefgang haben dürfen. Da im Suezkanal keine Schleusen existieren, ist die Länge der Schiffe theoretisch nicht begrenzt. Wie problematisch es werden kann, wenn sich ein langes Schiff im Kanal quer stellt, zeigte allerdings der Unfall der Ever Given im März 2021: Der festgefahrene Containerriese blockierte 6 Tage lang die Wasserstraße, auf der weltweit die meisten Güter befördert werden. Hunderte Schiffe stauten sich zu beiden Seiten des Kanals – es entstand ein Milliardenschaden.
  • Malakkamax: Um von China zum Persischen Golf zu gelangen, führt der kürzeste Seeweg durch die Straße von Malakka. Hier gibt es Stellen, an denen das Meer nur 25 Meter tief ist. Sollte das Größenwachstum der Containerschiffe fortschreiten, könnte auch hier ein begrenzender geografischer Faktor liegen.
  • Elbvertiefung: Die Fahrrinnenanpassung in der Elbe sollte großen Containerschiffen die Zufahrt zum Hamburger Hafen erleichtern. Geplant war, den maximalen Tiefgang bei Flut auf 14,5 Meter zu steigern. Problematisch: Durch Strömungen und Schlick treten in der Fahrrinne immer wieder sogenannte „Mindertiefen“ auf, die große Schiffe umfahren müssen, um nicht aufzulaufen. Generell reicht die Tiefe der Fahrrinne nicht aus, um den 24.000 TEU-Riesen im vollbeladenen Zustand die Zufahrt zum Hamburger Hafen zu sichern.

Was heißt das für aktuelle Containerriesen? Schiffe wie die Ever Alot sprengen auch die Limits des neuen Panamakanals bei Weitem. Hier beschränken sich die Reedereien deshalb oft auf die Route zwischen Asien und Europa. Zudem können gigantische Containerschiffe nur solche Häfen anlaufen, die ihren Tiefgang erlauben und deren Terminals für das Entladen von Schiffen mit einer Seitenhöhe von mehr als 30 Metern ausgelegt sind.

Die Konsequenz: Häfen müssen beim Größenwachstum mithalten

Um den Betrieb von Mega-Carriern weltweit wirtschaftlich zu gestalten, müssen auch die Häfen investieren: Hier schlägt der Ausbau der Hafenzufahrt für Großschiffe mit hohen Kosten zu Buche – die Elbvertiefung kostete z.B. rund 800 Millionen. Übersteigen die Schiffsdimensionen die Kapazitäten der Häfen, verlängern sich Lösch- und Ladezeiten und steigern ebenfalls die Kosten für den Transport.