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Eiskalt: 3 Schiffscontainer-Projekte am Südpol

 

Seit ihrer Erfindung vor über 6 Jahrzehnten haben Schiffscontainer alle Winkel der Welt erreicht. Sogar die Antarktis, die Forscher aufgrund ihren unwirtlichen Bedingungen zuweilen sogar mit dem Mars vergleichen. Doch in der Eiswüste erfüllen Seecontainer optimal die geforderten Funktionen – immerhin sind die Stahlboxen leicht zu transportieren und vielseitig einsetzbar. Hier sind 3 Beispiele für ihren Nutzen am Südpol:

Die Bharati Forschungsstation

Bild:  KSF – BAUINGENIEURWESEN

Die 2500 Quadratmeter große indische Forschungsstation in der Larsemann Hills Region der Antarktis basiert auf 134 verbundenen ISO-Containern, die mit einer Isolierschicht und einer schützenden Außenhülle verkleidet wurden. Die Statik des gesamten Baus basiert dabei allein auf der Aussteifung der Containerwände. Die Architekten haben mit der Bharati Forschungsstation aus gängigen Schiffscontainern ein Gebäude geschaffen, das im arktischen Winter selbst Sturmböen mit Geschwindigkeiten von 250 Stundenkilometern standhält. Für diesen Zweck wurde das Design der Fassade eigens im Windkanal entwickelt. Aerodynamisch und futuristisch anmutend gewann die Station zudem den European Steel Design Award 2013.

Nicht nur, dass die einzelnen Module aus Schiffscontainern per Schiff bequem in die Antakrtis transportiert werden konnten, sie entsprechen auch den lokalen Bauvorschriften. Um das sensible Ökosystem des Südpols zu schützen, schreiben die Richtlinien vor, dass jedes Gebäude vollständig rückbaufähig sein muss. In diesem Sinne wurde für die Bharati Station kein Plattenfundament geschaffen, das große Bodenflächen versiegelt hätte, sondern das Gebäude auf Stelzen positioniert. Die erhöhte Position verhindert gleichzeitig, dass die Station im Winter unter Schneewehen verschwindet.

Mit Einrichtung und Technik ausgestattet wurden die einzelnen Containermodule nicht vor Ort, sondern in einer Fabrikhalle in Duisburg. Indem sämtliche Module vorgefertigt wurden, trugen die Konstrukteure der Station den schwierigen antarktischen Umweltbedingungen Rechnung: Vor Ort besteht jährlich nur ein kleines Zeitfenster, in dem die Licht- und Wetterverhältnisse ausreichend gut für den Bau einer Forschungsstation sind.

Insgesamt beherbergt Bharati Station ganzjährig 24 bis 47 Wissenschaftler. Diese müssen trotz der Entlegenheit ihres Arbeitsortes nicht auf Annehmlichkeiten verzichten. Bharati ist neben den Wohnquartieren mit Küchen, einer Bibliothek, Fitnessräumen, Büros, Entspannungszonen und einem vollständigen Operationssaal für medizinische Eingriffe ausgestattet. Die Energieversorgung für den Gesamtkomplex liefern insgesamt drei Heiz- und Stromaggregate, die mit Kerosin betrieben werden. Nur eines davon ist notwendig – die weiteren bilden lediglich die Notfall-Lösung.

EDEN-ISS: Weltraum-Gemüse aus dem Container

Bild: DLR

Die Antarktis wird vielfach mit dem Mars verglichen – das wollten Wissenschaftler des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ausnutzen. Innerhalb eines Schiffscontainers richteten sie ein das Gewächshaus EDEN-ISS ein, das die Bedingungen einer Reise durch den Weltraum simulieren soll. Zentraler Punkt ist die geschlossene Stahlhülle: durch sie dringt kein Tageslicht, wie es auch innerhalb eines Raumschiffes der Fall wäre. Das Innere des Gartencontainers erhellt stattdessen eine rund 20.000 USD teure komplexe LED-Beleuchtungsanlage, die das Kultivieren von Pflanzen ohne Sonnenlicht ermöglichen soll. Der künstlich ausgeleuchtete Container, der im Winter von minus 45 Grad Außentemperatur umgeben ist, liefert den Forschern Informationen zu den Möglichkeiten für Pflanzenzucht auf Mond, Mars und den unwirtlichen Regionen der Erde

Bislang zeigt sich der Versuch durchaus erfolgreich: Wöchentlich erntet der Verantwortliche Paul Zabel hier durchschnittlich 1,8 kg Gurken, 400g Kohlrabi und 740g Tomaten. Auf einer Anbaufläche von rund 13 Quadratmetern wurden damit bislang über 100 kg Gemüse erzeugt. Entscheidende Innovation gegenüber früheren Anbau-Experimente ist der geschlossene Wasserkreislauf im EDEN-ISS-Container. Jeder Tropfen Feuchtigkeit, der nicht in Pflanzen oder Früchten steckt, wird dabei recycelt. Darüber hinaus können die Forscher im luftdichten Container analysieren, wie viel Sauerstoff die Pflanzen produzieren.

Positiver Nebeneffekt des Projektes: Die Station Neumayer III ganzjährig Wissenschaftler, die im antarktischen Winter vollkommen von den Versorgungslinien abgetrennt leben müssen. Dank des DLR-Projekts können sie auch in der kalten Jahreszeit auf vitaminreiche Kräuter und Gemüse zugreifen.

Villa Las Estrellas: ein berühmtes Postamt im Container

Bild: Jorge benavente

Villa Las Estrellas ist die größte zivile Siedlung der Antarktis. Sie befindet sich in der „Presidente Eduardo Frei Montalva-Station“ auf King George Island vor dem antarktischen Kontinent. In der chilenischen „Sternenstadt“ leben ganzjährig etwa 80 bis 120 Menschen. Die Bevölkerung setz sich aus Mitarbeitern der chilenischen Luftwaffe und Marine sowie deren Angehörigen zusammen. Die Siedlung ist derartig abgelegen, dass für die Bewohner eine skurrile Vorschrift aufgestellt wurde: Wer in die Stadt zieht, muss sich vorher den Blinddarm entfernen lassen. Denn im Falle einer nötigen Operation könnte die Entfernung zum nächsten Krankenhaus mit der passenden Ausrüstung durchaus tödlich sein. 

Erbaut aus recycelten Schiffscontainern umfasst die „Stadt“ vierzehn Häuser, eine Grundschule, einen Kindergarten, ein Militär-Krankenhaus und sogar ein Hostel mit Platz für 20 Gäste. Größte Sehenswürdigkeit in der Südpol-Siedlung: Das kleine Postamt, das in einem orangen 20-Fuß-Container untergebracht ist. Hier werden die Südpol-Poststempel genutzt, die bei Sammlern weltweit Höchstpreise erzielen. Eine Postkarte vom Südpol zu verschicken, ist daher Pflichtprogramm für jeden Abenteuer-Touristen.