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Arztcontainer für Flüchtlinge

Arztcontainer für Flüchtlinge: Dolmetscher per Konferenzschaltung

Hamburg geht neue Wege in der medizinischen Versorgung von Asylsuchenden. Um das allgegenwärtige Dolmetscherproblem zu lösen und Übersetzungsfehler ehrenamtlicher Helfer zu vermeiden, setzt die Hansestadt auf speziell ausgestattete Arztcontainer. Die Besonderheit: Per Videoübertragung können Dolmetscher für 50 Sprachen in Echtzeit zugeschaltet werden – für eine bessere Verständigung zwischen Arzt und Patient.

Ein Pilotprojekt auf dem Baumarkt-Parkplatz: Wo vor einiger Zeit noch Heimwerker ihre Autos parkten, steht in Hamburg-Osdorf seit Jahresbeginn 2016 ein Containerkomplex für die medizinische Versorgung von 1.200 Flüchtlingen. Soweit nicht ungewöhnlich. Deutschlandweit werden in Erstaufnahmeeinrichtungen Raumcontainer als Wohn- und Verwaltungseinheiten, Sanitäranlagen, Aufenthaltsräume etc. genutzt. Die Besonderheit der Hamburger Arztcontainer: Die vielfach benötigten und nur begrenzt verfügbaren Dolmetscher müssen nicht persönlich vor Ort sein, sondern können per Videoübertragung zugeschaltet werden.

Die Dolmetscherproblematik ist eine der größten Herausforderungen in der medizinischen Versorgung von Asylsuchenden. Wenn kein passender Dolmetscher anwesend ist, bleibt oft nur die Verständigung mit Händen und Füssen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Diagnosefähigkeit und die Behandlungsempfehlung des Arztes. Oder der Patient muss warten, bis jemand verfügbar ist, der die benötigte Sprache spricht und übersetzen kann. Aber gerade bei ehrenamtlichen Helfern kann auch dies zu Schwierigkeiten und gar Fehldiagnosen führen, weil die richtigen Worte fehlen.

In den neuen Medizincontainern werden ausschließlich zertifizierte Übersetzer zugeschaltet. Der Arzt muss nur die benötigte Sprache am Bildschirm auswählen und sofort wird der Kontakt hergestellt. Dolmetscher für 50 Sprachen sind sofort verfügbar, weitere können angefragt werden. Und wünscht der Patient mehr Privatsphäre, kann die Bildübertragung ausgeschaltet werden. Der Dolmetscher kann ihn dann nur noch hören, aber nicht mehr sehen, anders als bei einem persönlich anwesenden Dolmetscher, der naturgemäß im Sprechzimmer bleiben muss, um übersetzen zu können. Weitere Vorteile: Kürzere Wartezeiten, schlankere, effizientere Prozesse, und die Möglichkeit, einen Dolmetscher an verschiedenen Standorten zeitgleich einzusetzen. Die ersten Container haben ihre Bewährungsfrist bereits bestanden. Die Stadt Hamburg prüft bereits die Anschaffung von zehn weiteren Arztcontainern derselben Art, nicht zuletzt um die Dolmetscherkosten von derzeit 225.000 Euro jährlich zu senken. Und nicht nur die Hanseaten hat das Konzept überzeugt. Vergleichbare Container wurden bereits von Hilfsorganisationen weltweit angefragt.