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Können Containerschiffe entzwei brechen?

In der Mitte entzwei: Falsche Ladungsverteilung kann Containerschiffe zerbrechen lassen

Als im Sommer 2013 das Post-Panamax-Containerschiff „MOL Comfort“ im Arabischen Meer bei schwerer See auseinander brach und sank, stand sofort die Frage im Raum: Waren konstruktionsbedingte Fehler die Ursache für den Untergang oder lag es an der falschen Ladungsverteilung? Sicher ist: Die Ladungsverteilung beeinflusst die Stabilität eines Schiffes erheblich. Und auf immer breiteren und vor allem immer längeren Schiffen wächst auch die Herausforderung, einen Frachter optimal zu beladen. Gelingt dies nicht, kann dies offenbar im Zusammenspiel mit anderen Faktoren eine Havarie verursachen.

Im Juni 2013 sank im Arabischen Meer auf dem Weg von Singapur nach Jeddah das Post-Panamax-Containerschiff MS „MOL Comfort“. In schwerem Wetter hatte es sich der Frachter in der Mitte eingebeult, war schließlich zerbrochen und gesunken. Die 26-köpfige Besatzung rettete sich auf Rettungsinseln und -boote und wurde vom Containerschiff „Yantian Express“ der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd aufgenommen. Die 7.041 TEU Ladung im Wert von rund 300 Millionen US-Dollar waren ebenso verloren wie das mit 66 Millionen US-Dollar versicherte Schiff. Zusätzlich verschmutzten mehr als 3.000 Tonnen Schweröl das Meer. Einzelne Container wurden in den folgenden Monaten an der indischen Westküste angespült.

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Die 2008 vom Stapel gelaufene MS „MOL Comfort“ wurde bei der japanischen Werft Mitsubishi Heavy Industries gebaut, gemeinsam mit elf weiteren Schwesterschiffen (MOL C-Klasse). Alle verbleibenden C-Schiffe wurden in den Folgejahren nach der Havarie auf Schäden überprüft und die Bodenkonstruktion des Mittelschiffs verstärkt.

Doch der Grund lag nicht allein in der Konstruktion der Frachter. Die Havarie hat gezeigt, dass mit dem Größenwachstum der Containerschiffe besondere Herausforderungen an die Ladungsverteilung entstanden sind. Der Grund: Während eine ungleiche Ladungsverteilung in der Breite schnell offenbar wird, haben die meisten Programme deutlich mehr Schwierigkeiten, Ungleichgewichte über die Länge des Schiffes zu erkennen. Das Ergebnis: Sind die Container in der Mitte deutlich schwerer als die Ladung an Bug und Heck, biegt sich der Schiffsrumpf nach unten durch („Sagging“). Im umgekehrten Fall – leichte Container in der Mitte, schwere an Bug und Heck – wölbt sich der Schiffsrumpf nach oben („Hogging“). Bei Fälle führen zu Materialermüdung, die schließlich bei schwerer See und ungleicher Beladung zur Havarie führen: Das Schiff bricht entzwei.

Um vergleichbare Havarien zukünftig zu vermeiden, hat die International Association of Classification Socities Ltd. die Vorgaben für die Längsstabilität von Containerschiffsrümpfen sowie die Ladungskontrolle mittels Finite-Elemente-Methode erweitert und verschärft. Neue Programme unterstützen dabei die Berechnung der Lastenverteilung nicht über die Breite, sondern auch die Länge des Schiffes. Denn längst hat ein Handelsschiff nicht mehr nur einen Ausgangs- und einen Zielhafen. In jedem Hafen auf der Fahrtroute werden Container gelöscht und neu geladen – bei extrem kurzen Liegezeiten. In sehr engen Zeitfenstern muss so die optimale Ladungsverteilung immer wieder neu errechnet und umgesetzt werden – eine hochkomplexe Aufgabe.

Doch das beste Programm hilft nicht weiter, wenn das Gewicht eines Container falsch angegeben wird – ein nicht ganz seltenes Vorgehen, dass in Häfen und auf Schiffen immer wieder zu Schwierigkeiten führt. Die UN-Konvention für Schiffssicherheit SOLAS hat daher neue Richtlinien für den Transport von Seecontainern herausgegeben. Seit dem 1. Juli 2016 dürfen nur noch Frachtcontainer mit verifiziertem Bruttocontainergewicht (VGM) verladen werden – ein Schritt in die richtige Richtung, für mehr Sicherheit in der Containerfahrt.

Bild: Mol Comfort / © Indianexpress / PTI PHTOTO / IANS