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Höhere Frachtraten durch Verschrottung?

Höhere Frachtraten in der Containerschifffahrt nur durch höhere Verschrottungsquote möglich

Tägliche Verluste in Millionenhöhe haben für die bisher größte Insolvenz in der internationalen Seeschifffahrt gesorgt, die Pleite koreanischen Reederei Hanjin. Ulrich Malchow, Professor im Fachbereich Nautik und Seeverkehr an der Hochschule Bremen, sieht nur einen Ausweg: Überkapazitäten müssen durch Verschrottung auch jüngerer Schiffe abgebaut werden. Denn nur eine Verknappung der weltweit verfügbaren Tonnage kann die Frachtraten wieder steigen lassen.

„Eine Weltwirtschaft ohne Container ist eigentlich nicht mehr denkbar“, ist Ulrich Malchow, Professor im Fachbereich Nautik und Seeverkehr an der Hochschule Bremen, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk überzeugt. Doch angesichts der anhaltenden Krise in der internationalen Handelsschifffahrt – die Insolvenz der koreanischen Reederei Hanjin als jüngsten Tiefpunkt – sieht Malchow nur einen Weg zurück auf den Wachstumspfad: eine deutlich höhere Verschrottungsquote.

Denn nur eine Kapazitätsverknappung, eine Reduzierung des Laderaums könne Umkehr beim Verfall der Frachtraten in der Containerschifffahrt bewirken. So hatte bereits der zwischenzeitliche Ausfall der Hanjiin-Schiffe mit einer Ladekapazität von rund 500.000 TEU in deren Hauptfahrtgebieten für einen Ratenanstieg gesorgt. Auf die Kapazität der Gesamtflotte von weltweit rund 6.000 Containerschiffen mit insgesamt 16 Millionen TEU hat die Hanjin-Pleite jedoch nur geringe Auswirkungen, zumal die Schiffe überwiegend nur vorübergehend auf Reede liegen und überwiegend wieder in Fahrt gehen werden.

Doch warum übersteigt die Transportkapazität in der Containerschifffahrt den derzeitigen Bedarf so drastisch? Vereinfacht gesagt: Über Jahre wurden – gemessen am Transportvolumen – zu viele und zu große Frachter abgeliefert.

Die wichtigsten Gründe:

  • Viele Containerschiffe wurden noch zu Boomzeiten bestellt, standen somit bereits vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in den Auftragsbücher der Werften und wurden aufgrund der langen Vorlaufzeiten erst fertiggestellt, als der Weltwirtschaft eingebrochen war – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Frachtraten.
  • Mit zunehmendem Wettbewerbsdruck und sinkenden Frachtraten setzten die Reedereien auf immer größere Containerschiffe, um die Transportkosten pro Container zu senken – Stichwort Economies of Scale –: ein Teufelskreis.
  • Drittens kam es innerhalb der Containerschifffahrt zu einem Verdrängungswettbewerb, der entgegen aller Expertenprognosen ganze Schiffsklassen nahezu überflüssig werden ließ, das sogenannte Cascading Down. Ein Resultat dieser Entwicklung: Statt Feeder in Häfen einzusetzen, die nicht genügend Tiefgang für Containerriesen aufweisen, werden diese von Megacarriern angelaufen, die nur halb beladen (siehe auch https://www.porttechnology.org/news/itf_the_real_impact_of_mega_ships )

Und so sind Welthandel und globale Arbeitsteilung zwar ohne Container undenkbar. Im aktuellen, anhaltend wettbewerbsbetonten Marktumfeld, in dem zahlreiche Reedereien rote Zahlen schreiben, muss für eine Erholung der Containerschifffahrt mit mindestens kostendeckenden Frachtraten jedoch das Abwrackalter von Containerschiffen weiter sinken, die Verschrottungsraten weiter erhöht werden, bis eine nachhaltige Reduzierung des Frachtraumes erreicht ist.

Dazu Malchow: „Was hilft, ist nur erstens verschrotten, zweitens verschrotten und drittens auch noch mal verschrotten.“

Bild: Thomas Hawk CC BY-NC 2.0