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Container als Wärmespeicher „to go“

Im LaTherm-Verfahren gelangt Wärme per Container in Schwimmbäder und Schulen

Bild: KTG Energie AG

Im Zuge der Energiewende gewinnen nicht nur die erneuerbaren Quellen durch Windkraftwerke und Solaranlagen stetig an Bedeutung, sondern auch das Ausnutzen von Abwärme, die in Chemiewerken, Biogas oder Deponiegasanlagen, Stahl- und Aluminiumhütten sowie Müllverbrennungsanlagen entsteht. Mit dem Ziel, diese Energiequelle nicht nur am Standort des Erzeugers zu nutzen, sondern Abnehmern mobil zur Verfügung stellen zu können, entwickelte die Dortmunder LaTherm-GmbH eine patentierte Speichertechnologie. Das Prinzip ihres Latentwärmespeichers ähnelt dem eines Taschenwärmers zum Knicken – allerdings in der Dimension eines Tankcontainers.

Das Prinzip ist simpel: Abwärme, die im Produktions- oder Verbrennungsprozess entsteht, strömt durch ein Wärmetauschsystem im Innern eines Containers und erhitzt das in ihm befindliche Salz Natriumacetat-Trihydrat (NaAc). Die Substanz, gemeinhin auch als Pökelsalz bekannt, ist ökologisch unbedenklich und nimmt Temperaturen bis zu 100 Grad Celsius an, wobei sie sich verflüssigt. Mithilfe einer effektiven Wärmedämmung des Containers behält das Salz die Temperatur bei, während es per LKW zum Verbraucher gelangt. Dieser kann die thermische Energie mit einer Leistung von 125 kW wieder ableiten. Die Entnahme von Wärme bis zu einer Temperatur von 55 Grad ist möglich, da das Salz ab 58 Grad Celsius wieder vom flüssigen in den kristallinen Zustand wechselt.

Die Energie von 250 Litern Heizöl im Salzcontainer

Ein Container, der mit Abwärme vollständig aufgeladen ist, entspricht in seiner Wärmeleistung etwa 2,5MWh, d.h. 250 Litern Heizöl. Verglichen mit 16.000 Litern Öl, die ein Tanklaster üblicherweise fassen kann, erscheint dies im ersten Moment kaum konkurrenzfähig. Der Vorteil: Die Wärme aus dem Container trägt zu einer günstigen CO2-Bilanz bei. Mit jedem Abwärmecontainer reduziert der liefernde Betrieb seine jährlichen Emissionen um etwa 130 Tonnen Kohlendioxid. Ein Transport der im Container gespeicherten Wärme im Umkreis von 30 Kilometern schlägt lediglich mit etwa 13 Tonnen CO2 zu Buche und erhält ihre günstige Energiebilanz.

Seit 2007 rollen die Wärmecontainer

Seit 2007 besitzt die LaTherm GmbH das Patent auf Latentwärmespeicher mit NaAc, im Jahre 2009 erhielt die innovative Technologie sogar den Umweltpreis der IG Bergbau, Chemie, Energie. Seitdem wurde die „Wärme aus dem Lastwagen“ innerhalb mehrerer Projekte erfolgreich eingesetzt. So erhielt etwa das Hallenbad Toeppersee in Duisburg-Rheinhausen im Rahmen eines 2012 gestarteten Projektes die Energie zum Beheizen seiner Becken aus Wärmecontainern, die Abwärme aus der Kokerei Prosper in Bottrop brachten. Hallen- und Freibäder sind laut Experten ideale Anwendungsorte für die mobilen Wärmespeicher, da sie keine hohen Vorlauftemperaturen benötigen. Anders sieht es bei Gebäuden mit alten Heizungsanlagen und schlechter Wärmedämmung aus. Ein Projekt, in dem die Abfallwirtschaftsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises eine Bundeswehrkaserne mit Abwärme aus Holzkraftwerken versorgte, endete daher mit einer eher negativen Bilanz: Für die Wintermonate lieferten die Container zu niedrige Heiztemperaturen, während die Wärme in den Sommermonaten nur unvollständig entladen werden konnte.

CO2-neutraler Containertransport mit Elektrozugmaschinen

Mit 1,4 Millionen Euro förderte der Bund im vergangenen Jahr eine Unternehmung des Zweckverbandes Abfallwirtschaft und der Klimaschutzagentur Region Hannover. Im Schulzentrum am Helleweg in Isernhagen startete im September 2017 die nicht leitungsgebundene Abwärmenutzung, bei der Wärmecontainer überschüssige Energie aus der mechanisch-biologischen Restabfallbehandlungsanlage auf der Deponie in Lahe zur Verfügung stellten. Der 5 Kilometer weite Transport zwischen Wärmelieferant und -abnehmer erfolgt per Elektro-LKW, sodass die CO2-Bilanz zusätzlich optimiert wird. Bevor neue Container als Wärmespeicher fungieren, startet das Projekt zunächst mit gebrauchten Containern. Sprecher der Klimaschutzagentur betonten: „Mit dem Projekt wird ein wichtiger Beitrag zur Energiewende und zur Erreichung der Klimaschutzziele geleistet.“

KTG Gruppe übernimmt die Container-Wärme-Technologie

Aktuell ist die Technik des Wärmetransportes über NaAc-Akkus Teil der Hamburger KTG Energie AG, die 2013 die 100 Prozent der Anteile an der LaTherm GmbH inklusive der betreffenden Schlüsselpatente erworben hat. Vor allem die Betreiber von Biogasanlagen innerhalb der KTG-Gruppe ziehen Vorteile aus der erhöhten Einspeisevergütung für jede Kilowattstunde der per Container zusätzlich abgenommenen Wärme „Wir haben über ein Dutzend Biogasanlagen in Betrieb. Mit dem LaTherm-System können wir an mehreren Standorten zum ersten Mal eine wirklich sinnvolle Abwärmenutzung realisieren“, bekräftigt Olaf Schwarz, CFO der KTG Energie AG.