Direkt zum Inhalt wechseln

P&R Investment-Gruppe meldet Insolvenz an

Über 50.000 Kapitalanleger fürchten um 3,5 Milliarden Euro aus Direktinvestments der P&R

Dass sämtliche deutsche Unternehmen der P&R Investment-Gruppe im Laufe der vergangenen Wochen den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenz-Verfahrens gestellt haben, schlägt hohe Wellen in Medien und Branche. „Der Fall P&R kann sich zum größten Anlegerskandal der jüngeren Vergangenheit ausweiten“, bilanziert Dr. Gerhard Schick (MdB), der Finanzexperte von Bündnis 90/ die Grünen.

Die Zahlen geben Anlass zur Sorge

Bereits im März meldeten drei Container-Leasing und Vertriebsgesellschaften der P&R Investment Gruppe aus München Grünwald Insolvenz an und ließen die insgesamt 51.000 Anleger um ihre Investitionen bangen. Am 26. April folgten dann die beiden restlichen deutschen Unternehmen der Gruppe: die P&R AG und die P&R Transport-Container GmbH. Letztere verwaltet das Geld von insgesamt 14.900 Kapitalanlegern. Da jedoch ein Großteil von ihnen Verträge mit den bereits unter vorläufiger Insolvenzverwaltung stehenden P&R Container-Verwaltungsgesellschaften besitzt, erhöht sich die Zahl der betroffenen Anleger „lediglich“ auf 54.000. Gut die Hälfte der Personen gehört der Altersgruppe der über 60-Jährigen an; ein Drittel ist bereits über 70 Jahre alt. Mit etwa 3,5 Milliarden Euro an gefährdetem Anlagekapital erreicht die P&R-Pleite eine in Deutschland noch nie da gewesene Dimension.

Rendite mit Frachtcontainern – wie funktioniert das Modell der P&R?

„Direktinvestments“ in Seecontainer funktionieren, indem Privatanleger über Vertriebsleute oder Banken einzelne Container zum Stückpreis kaufen und an die Emissionsfirmen rückvermieten. Diese vermieten die Container wiederum an internationale Container-Leasinggesellschaften und zahlen den Anlegern regelmäßige Einnahmen aus. Nach einer Laufzeit von 3 bis 5 Jahren kauft das Emissionsinstitut die Frachtboxen zum Gebrauchtpreis wieder zurück.

Die P&R-Gruppe bietet das Investment-Modell bereits seit 1975 an und avancierte rasch zum Marktführer. Vier Jahrzehnte lief das Geschäft ohne Beanstandung; zuletzt betreuten die Firmen ein Volumen von 1,25 Millionen Containereinheiten. Für die Anleger ergab sich nach den Abschlägen beim Rückkauf der gebrauchten Container eine Rendite von knapp 5 Prozent.

Problematisch wirkten sich vor allem die Entwicklung der Containerpreise auf dem Weltmarkt zwischen 2012 und 2016 aus, die von 2109 $ auf 1532 $ fielen, weil das Angebot an Frachtcontainern die Nachfrage überstieg. In der Konsequenz etablierte die P&R-Gruppe ein fragwürdiges System, innerhalb dessen Container verkauft wurden, um die Mietauszahlungen an die Anleger zu gewährleisten. Da die reduzierte Containerflotte mit ihren Mieteinnahmen die Verpflichtungen gegenüber den Anlegern sukzessive nicht mehr decken konnte, kam es schließlich zur Insolvenz.

Für die Anleger ist vor allem die Frage entscheidend, wie viele Container noch existieren und wie diese Vermögenswerte umgerechnet den Investitionsbeträgen gegenüberstehen. In der Vergangenheit hatten über 90 Prozent der Anleger es versäumt, ein Eigentumszertifikat mit individueller Containernummer anzufordern. Dies wirft zusätzlich die Frage auf, wie die Anleger ihre Ansprüche gegenüber der Gesellschaft gemäß dem Insolvenzrecht geltend machen können. Auf der anderen Seite brauchen sie kaum zu befürchten, für einzelne Container haftbar gemacht zu werden und eventuell Standgebühren finanzieren oder für durch Container verursachte Schäden zahlen zu müssen.

Insolvenzverwalter betont die Wichtigkeit des laufenden Geschäftsbetriebes

„Unser Ziel ist es, die berechtigen Ansprüche der Anleger nach den gesetzlichen Vorgaben bestmöglich zu befriedigen“, betont Michael Jaffé, der gemeinsam mit Philip Heinke die vorläufige Insolvenzverwaltung aller deutschen Unternehmen der P&R-Gruppe übernommen hat. Zu diesem Zweck solle vor allem der Vermietungs-Betrieb bestmöglich aufrechterhalten werden. „Um Einnahmen zu erzielen, muss die Containervermietung weltweit und störungsfrei fortgeführt werden. Jede Störung kann schwerwiegende Folgen für die Anleger haben, denn nur wenn die Container weiterhin vermietet bleiben, können die entsprechenden Erträge gesichert und realisiert werden.“

Mehr Transparenz für die Anleger nötig

Experten kritisieren, dass im „grauen Kapitalmarkt“ zwar Milliarden investiert werden, jedoch kein unabhängiges Tragfähigkeitsgutachten eines Wirtschaftsprüfers Pflicht ist. Dass mit der P&R Transport-Container GmbH auch ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, dessen Geschäftsmodell nach den neuen Regulierungsstandards für Direktinvestments von 2017 entstand, verschärft die Lage: Hier wurden konservativere Anlagen getätigt, die der Prospektpflicht unterlagen und bis 2018 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt wurden. Grünen-Finanzexperte Schick mahnt daher: „Es wird wieder einmal deutlich, dass die bisherige Rechtslage zu kurz greift, um Anlegerinnen und Anleger vor nicht tragfähigen Geschäftsmodellen zu schützen.“