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Klassenzimmer im Container

Die German International School in Sydney unterrichtet ihre Schüler in Klassenräumen aus Seecontainern

Bilder: germanschoolsydney.com

Seit Januar 2018 verfügt die German International School Sydney über einen im Stadtgebiet einzigartigen Klassenzimmer-Komplex. Insgesamt 12 umgebaute Schiffscontainer, sechs 20-Fuß-Exemplare und sechs 40-Fuß-ISO-Containerbilden die neuen Unterrichtsräume.

Die Initiative kam aus der Elternschaft

Den Anstoß zur Umsetzung der innovativen Bauweise gab Architekt Andrew Nolan, dessen Kinder selbst die deutsche Schule besuchen. Gemeinsam mit dem Verwaltungsratspräsidenten Bernd Winter erwog Nolan eine Alternative zur geläufigen Modulbauweisen, wie sie bei institutionellen Gebäuden häufig Anwendung findet. „An unserer Schule ermutigen wir die Schüler, zu progressiven und vorangehenden Denkern zu werden“, so Winter. Daher stieß die Pionierlösung, umgebaute Frachtcontainer in kreative Räume zu verwandeln, in der Schulgemeinschaft sofort auf Zuspruch. Die Flexibilität der Containerarchitektur trage zusätzlich dem Wachstumsbestreben der Schule Rechnung.

Luftige Bauweise durch gestapelte Container

Die vier zusätzlichen Container-Klassenzimmer bestehen jeweils aus zwei parallel angeordneten Containern auf dem Boden und einem weiteren, der mittig über die zusammenstehenden Langseiten gesetzt wurde. Dieser Container im „Obergeschoss“ ermöglicht eine doppelte Raumhöhe und ist wichtig für Beleuchtung und Klima. Mit einer nach Süden ausgerichteten Glasfront liefert er Tageslicht ohne zu blenden und verhindert den Eindruck von Enge, der in Flachdachgebäuden zuweilen entsteht. Darüber hinaus schafft der obere Container Platz für die Klimaanlage und enthält Wärmekammern zum passiven Heizen und Kühlen des Raumes. Die auf Erdniveau stehenden Container dienen als große multifunktionale Lernräume, die Schülern Gelegenheiten zum Lernen, Entfalten und Präsentieren von Projekten bieten. In ihrer ausgeklügelten klimaregulierenden Konstruktion und unter dem Recycling-Aspekt zweifach genutzter Schiffscontainer entsprechen die neuen Räume perfekt dem ökologischen Anspruch der deutschen Schule.

Gestaltung in Harmonie mit der Umgebung

Die Container architektonisch zu Dreiergruppen zusammenzufassen, stellte laut Bernd Winter eine bewusste Entscheidung dar: In der gestaffelten und über dem Gelände verteilten Form, harmoniert der Komplex mit der umgebenden Ursprünglichkeit des Buschlandes. Die lockere Anordnung der Boxen schafft optisch vielfältige Perspektiven und verhindert die visuelle Strenge und institutionelle Ausstrahlung, wie sie eine reihenweisen Anordnung der Frachtboxen vermitteln würde.

Aufgelockert wird die Containerarchitektur zudem durch den farbenfrohen und abwechslungsreichen Anstrich einer jeden Frachtbox. Das bunte Ensemble weckt Assoziationen an das Farbspektrum der australischen Loris, den nektartrinkende Papageien, die als typisch für die hiesige Fauna gelten. Dass die Außenwände der Container nur gestrichen und nicht verkleidet wurden, ist ebenfalls gestalterisches Kalkül. Die gesickten Wände aus Cortenstahl vermitteln eine abstrakte und moderne Atmosphäre. Dass die bunten Blöcke im Ganzen Assoziationen zu Bauklötzen herstellen, ist in der Schule durchaus gewollt.

Mit ihrem fröhlichen Konzept setzen die Erbauer auch ein Statement gegen das zuweilen schlechte Image der Containerarchitektur. Im Vergleich mit den Beton-Bauwerken des Brutalismus entdecken Kritiker auch in der ab der Jahrtausendwende erstarkenden Container-Architektur manchmal neo-brutalistische Elemente. Obgleich die Frachtboxen mit ihrem Design schnell einen industriellen Charme verbreiten, zeigen etliche Beispiele gelungener Containerhäuser rund um die Welt, dass die Gebäude auch eine inspirierende, ruhige und ästhetische Erscheinung haben können.

Eröffnung mit feierlicher Zeremonie

Nach 18 Monaten Bauzeit wurde der in Sydney einzigartige Klassenraumkomplex am 31.1.2018 durch Robert Stokes, den Bildungsminister von New South Wales, sowie dem deutschen Konsul Lothar Freischlader offiziell eingeweiht. Dabei betonte der Minister die Wechselbeziehung zwischen einer der anregend gestalteten Lernumgebung eines Schülers und dem zu erwartenden Bildungserfolg. „Die neuen Klassenzimmer der German International School Sidney verkörpern dieses Prinzip“, konstatierte Stokes bei der Einweihung der bunten Räumlichkeiten.